Was hat Sie beeinflusst, Diplomatin zu werden?
Ich hatte ursprünglich nicht vor, Diplomatin zu werden. Es war purer Zufall. Ich begann mein Studium im Bereich Wirtschaft und Finanzen, so wie auch schon mein Vater und sein Vater zuvor. Dann habe ich mich im Bereich International Business spezialisiert und in Kanada und Europa studiert. Mein erster Job war in einer Beratungsfirma in Ottawa, bis ich zu Industry Canada wechselte. Die International Investment Promotion Division, in der ich arbeitete, wurde schließlich in die Abteilung Auswärtige Angelegenheiten und Internationaler Handel integriert, und ich wurde in das diplomatische Corps übernommen. So konnte ich fortan kanadische Unternehmen im Ausland unterstützen und zwar mit einer noch stärkeren Verbindung zu dem Netzwerk an kanadischen Konsulaten und Botschaften auf der ganzen Welt.
Waren Sie vor Ihrer Ankunft in Deutschland bereits anderswo stationiert?
Nein, die längste Zeit war ich in Ottawa. Mit drei Kindern im Teenager-Alter ist es schwer, wegzuziehen. Eigentlich hatten wir geplant, erst viel später zu gehen, wenn die Kinder mit der Schule fertig sein würden. Aber als die Gelegenheit da war, haben wir sie ergriffen.
Sie sagten, dass Sie auch im Ausland studiert haben. Wo war das? Wie hat Ihnen diese Erfahrung gefallen?
Einen Teil meines Bachelorsstudiums sowie meines MBA habe ich für zwei Jahre in Frankreich absolviert. Das war eine tolle Erfahrung! Stellen Sie sich eine Zwanzigjährige in Paris vor! Es war kein totaler Schock für mich, da ich bereits viele Male mit meinen Eltern während der Sommerferien nach Europa gereist war. Außerdem waren wir meinem Vater nachgezogen, der für einige Zeit in Oxford studiert hatte.
Seitdem Sie nun seit rund einem Jahr in Deutschland leben, vermissen Sie etwas aus Kanada?
Ich vermisse auf jeden Fall meine Familie. Meine älteste Tochter, 19, konnte nicht mit uns nach Deutschland kommen. Ich kann Ihnen sagen, obwohl sie inzwischen erwachsen ist, fiel es mir ziemlich schwer, sie zurückzulassen. Gott sei Dank kommt sie uns fast jeden Monat besuchen. Außerdem fehlen mir unser Haus und der viele Platz, den wir zuhause in Kanada haben. Dort leben wir nahe Ottawa in Aylmer, Québec. Unser Haus ist am Wasser, von wo aus wir Segelboote beobachten können. Ich vermisse auch das „Lobster Fest“.
Aber ansonsten fehlt mir nicht so viel. Im Grunde wirklich hauptsächlich meine Familie und Freunde.
Wie verlief der bisherige kulturelle Übergang von Kanada nach Deutschland? Haben Sie schon deutsche Eigenschaften angenommen?
Aus kultureller Sicht ist es großartig hier. Wir kannten die europäische Kultur schon, und mein Ehemann Patrick stammt zudem aus Frankreich. Aus diesem Grunde war es kein großer Kulturschock. Einige Dinge, von denen wir dachten, dass sie uns schwer fallen könnten, stellten sich letztendlich als gar nicht so schwierig heraus.
Zunächst war da natürlich die Sprachbarriere, aber daran arbeite ich. Ich wünschte, mein Deutsch wäre besser. Viele Leute hier sprechen Englisch. Ich habe Meetings, in denen alle Deutsch sprechen, ich aber trotzdem auf Englisch oder teilweise auf Deutsch und teilweise auf Englisch antworten kann. Das hat für mich in den vergangenen Monaten gut funktioniert. Darüber hinaus haben die Menschen hier extrem viel Verständnis dafür, wie schwer es ist, Deutsch zu lernen und akzeptieren Fehler, die man macht.
Ein weiterer Punkt, zu dem im Vorfeld Unsicherheit herrschte, war das Essen. Viele meiner Diplomaten-Freunde meinten, dass ich weiterhin kanadisch kochen würde, aber letztlich mache ich das gar nicht. Ich mag es, deutsche Rezepte auszuprobieren, und nicht die kanadischen. Schließlich bin ich nicht hier, um nur mit Ahorn-Sirup zu kochen, sondern zu lernen, das bestmögliche Schnitzel zu machen. Düsseldorf macht es uns wirklich leicht. Die Bäckereien hier sind fantastisch und leider ist es sehr schwer, ihnen zu widerstehen.
Eine Sache, an die wir uns in Deutschland gewöhnen mussten, war es, auch unter der Woche mit Freunden auszugehen. Die Menschen hier unternehmen ständig etwas und die Auswahl an Restaurants ist wirklich toll. Wir dachten, wir würden überwiegend deutsche Küche essen, aber schließlich fanden wir hier auch den besten Italiener, den besten Japaner und so weiter. Egal ob nun Montag oder Freitag ist, sobald sich die Gelegenheit bietet, eine tolles Theaterstück oder eine Show zu sehen, zögern die Leute nicht und gehen hin.
Eine Gepflogenheit, die ich angenommen habe, ist Pünktlichkeit. Ich habe inzwischen ein viel größeres Bewusstsein dafür entwickelt. Mittlerweile fällt es mir auf, wenn jemand zu spät ist und ich fange an mich zu fragen, was los sei. Wohingegen ich bis dahin Leuten immer eher vergeben habe, wenn sie zu spät kamen. Zwar sind wir in Kanada auch pünktlich, aber wird es dort nicht so streng genommen.
Oh, und dann vergaß ich mein Muttertagsgeschenk zu erwähnen. Ein tolles Hollandrad mit Körbchen und allem. Nachdem ich 30 Jahre lang nicht Fahrrad gefahren war, bin ich nun hier auf dem Fahrradweg in Kaiserswerth unterwegs und genieße Fahrradtouren mit meinem Mann, unseren zwei Hunden (Chica und Kaïa) und den schönsten Sonnenuntergängen. Vor zwei Wochen haben wir unseren Töchtern neue Räder geholt, damit sie uns fortan auf unseren abendlichen Radtouren begleiten können. Also wenn das nicht Deutsch ist, was dann?
Wie sieht ein typischer Tag bei Ihnen im Konsulat aus?
Gibt es so etwas wie einen typischen Tag? Unsere Öffnungszeiten im Konsulat sind zwischen 08:30 Uhr und 17:00 Uhr. Unsere Konsularbteilung ist jedoch nur am Vormittag von 09:00 – 12:00 Uhr geöffnet. Daher ist es die meiste Zeit über so, dass wir uns in den Morgenstunden konsularischen Angelegenheiten und dem Krisenmanagement widmen.
Für mein Handelsteam steht der Austausch mit kanadischen Kunden jedoch durchgehend auf der Tagesordnung. Die Mitarbeiter dort sind permanent damit beschäftigt, Anfragen zu bearbeiten sowie Lösungsstrategien für unsere kanadischen Unternehmen zu finden.
Zum Beispiel haben wir am heutigen Morgen mit einer Firma zu tun gehabt, die Schwierigkeiten mit dem Zoll hat. In einem solchen Fall versuchen wir uns ein Bild der Lage zu verschaffen und den Kontakt zu einem geeigneten deutschen Ansprechpartner in dem relevanten Ministerium herzustellen. Meine Rolle besteht darin, meine Mitarbeiter zu unterstützen und gegebenenfalls zu intervenieren.
Wir sind ein recht kleines Team, in dem es wichtig ist, zusammenzuarbeiten. Wir stehen auch in engem Kontakt zu unseren Kollegen in München und Berlin.
Einen Teil der Zeit verbringen wir außerdem mit der Planung unserer Aktivitäten. Zum Beispiel steht die Medica im November an und meine Mitarbeiter sind bereits gut damit beschäftigt, den kanadischen Pavillon und das Programm für die kanadische Delegation zu organisieren. Außerdem folgen noch weitere Veranstaltungen, wie die ProWein und Anuga.
Neben alldem kümmere ich mich natürlich auch noch um das Tagesgeschäft, wie Personal, Finanzen etc.
Wie sehen Sie die Zukunft der deutsch-kanadischen Beziehungen?
Wenn man mal Kanadier und Deutsche allgemein betrachtet, also nicht speziell auf Kultur oder Industrie bezogen, dann ist da ein großartiges Verhältnis. Ich glaube es gibt viele Deutsche die Kanada lieben, und umgekehrt.
An unseren geschäftlichen Beziehungen können wir noch arbeiten. Eine der Herausforderungen vor denen wir stehen ist, dass Kanada nicht immer als Geschäftspartner gesehen wird, sondern hauptsächlich als tolles Urlaubsziel. Unsere Kultur, Musik und Theater werden langsam bekannter, aber noch nicht so bekannt wie ich es gerne sehen würde.
Dabei gäbe es so viele unternehmerische Erfolgsgeschichten zu erzählen. Sie haben gesehen dass Hudson Bay Galeria Kaufhof gekauft hat, das ist jetzt ein kanadisches Unternehmen. Es gibt eine Menge Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, wir müssen nur am Branding von Kanada als Geschäftspartner arbeiten.
Ich bin aber überzeugt davon, dass das Freihandelsabkommen, wenn es ratifiziert ist, der kanadischen wie der deutschen Exportwirtschaft noch viel mehr neue Chancen eröffnet.
Was tun Sie, um diese geschäftliche Zusammenarbeit zu fördern?
Eine der Herausforderungen ist es einfach, Kanada als Marke bekannter zu machen. Wir müssen da ein wenig präsenter sein, was eigentlich nicht die kanadische Art ist. Wir sind nicht so gerne laut und plakativ, aber manchmal muss es vielleicht sein.
Wir waren im März zum ersten Mal Partner des Tages der Frankophonie. Ich möchte nächstes Jahr auch wieder ein großes Fest zum Canada Day feiern, und ganz allgemein mehr kanadische kulturelle Aktivitäten in Düsseldorf und Umgebung organisieren. Ich glaube die Menschen hier sind da wirklich interessiert, und es eine gute Gelegenheit für die Kulturbranche.
Ich möchte dass die Menschen wissen, dass wir für geschäftliche Koopoerationen offen sind und dass Investitionen in Kanada sich lohnen. Wir haben Expertise in Schlüsselgebieten von Wissenschaft und Technologie, die wir gerne teilen wollen. Wir müssen auch bei Veranstaltungen sichtbarer werden. Bei der Messe ProWein zum Beispiel veranstalten wir mit einigen fantastischen Sommeliers ein Seminar, um einfach zu zeigen, dass Kanada einen Platz auf der Landkarte hat.
Ich habe selbst Wirtschaft studiert und bin sehr erfolgsorientiert. Ich möchte Ergebnisse sehen, involviert sein, Unternehmer treffen. Ich habe das jetzt häufig gemacht, und es ist der beste Teil meines Jobs. Wenn man die Gelegenheit hat, von deutschen Unternehmern im direkten Gespräch zu erfahren, was sie von Kanada halten, erfährt man da viel mehr als aus der Wirtschaftspresse. Ich bin offen und voller Energie wenn es um wirtschaftliche Initiativen geht!
Jedes unserer Konsulate in Deutschland kümmert sich um bestimmte Sektoren. Hier in Düsseldorf sind wir zum Beispiel verantwortlich für Biotechnologie, Umwelttechnologie, Agrar- und Forstwirtschaft. Das ist eine Besonderheit, in anderen Ländern sind wir nicht so spezialisiert aufgestellt. Der Vorteil dabei ist aber, dass unsere Handelsbeamten sich in ihren Sektoren sehr gut auskennen. Wenn man Außenhandelsförderung betreibt, ist es den Unternehmen schon wichtig, dass ihr Gesprächspartner ihr Produkt versteht. Wenn ein kanadisches Medizinprodukteunternehmen auf der Medica ausstellen will, braucht es einen Ansprechpartner, der sich mit Medizinprodukten und dem deutschen Markt dafür auskennt.
Viele kanadische Unternehmen kennen NRW und Düsseldorf gar nicht. Als ich meinem Freunden erzählt habe wo ich hinziehe, haben die alle erst einmal gefragt, wo das eigentlich ist. Keiner wusste, dass wir in Düsseldorf ein Konsulat haben. Aber in den letzten Monaten hatten wir ein paar Erfolge auf die ich sehr stolz bin, und ich habe hier ein tolles Team – sehr erfahren, sehr motiviert und sehr engagiert. Wir gehen gerne auch einmal ungewöhnliche Wege. Das ist glaube ich wichtig, wenn man ein Land als Marke nach vorne bringen will.